Wie Indien mein Leben veränderte – Teil 1

Mit 21 Jahren kündigte ich meinen sicheren Job als Verwaltungsassistentin um meinen Abschluss als Ayurveda Massage Therapeutin in Indien zu absolvieren. Eine hirnrissige Idee :)? Glaub mir, selten hat sich etwas für mich so richtig angefühlt. Ob ich Angst hatte? Nicht wirklich, obwohl es meine erste Fernreise alleine war.

Ich hatte knapp 3.000 Euro zur Verfügung für Flug, Unterkunft und die Ausbildung. Den Ayurveda Massage Praktiker absolvierte bereits in meinen Urlauben in München an der Seva Akademie. Nur mit der Gewissheit danach ein freies Zimmer zu Hause zu haben und danach Arbeitslosengeld beantragen zu können, falls alles schief gehen sollte, trat ich meine Reise an. Der Flug von Hannover nach Bangalore kostete zirka 450 Euro. Spottpreis! Für den Preis musste ich allerdings auch bei der Hin- und Rückreise einiges in Kauf nehmen.

Quelle: Pixabay

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Zunächst flog ich mit Air France von Hannover nach Paris. Alles prima! Drei Stunden Aufenthalt, bevor es weitergehen sollte nach Mumbai! Was zuerst viel klingt, war später durch den überlasteten Flughafen und Personal sehr knapp. Am meisten machte ich mir Gedanken, ob mein Koffer tatsächlich weitergeleitet werden würde oder nicht. Vorsichtshalber ging ich zum Paketband und Tatsache….mein Koffer schleifte darum. Prompt schnappte ich ihn mir und ging zum Check-In.

Die Warteschlange war endlos, die Menschenmassen abschreckend. Es ging durch die Sicherheitskontrollen „Schuhe aus“ hieß es, was ich bis dato nicht kannte. Langsam machte sich Panik in mir breit, denn die drei Stunden waren fast rum. „Das schaffe ich nie“, dachte ich mir. Jedoch konnte ich nicht die einzige sein, die den Weiterflug nach Bangalore antrat. Shit! Genau jetzt soll der Flieger abheben. Ich betete! Das kann und darf nicht schief gehen, denn es ist mein Schritt in ein neues Leben. Gott sei Dank….der Flieger war da. Das Flugzeug wartete, aufgrund der hohen Überlastung im Flughafen und vor allem an den Sicherheitskontrollen. Was für ein Glück!

Quelle: Pixabay

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Mit Air India lässt es sich gut fliegen. Ich liebe indisches Essen und vor allem gab es vegetarische Gerichte, ohne das man sie im Vorfeld für einen Aufpreis anmelden musste. Überraschenderweise war ich einer der wenigen Westler in dem Flieger und die einzige alleinreisende, junge Frau. Neben einigen Amis, denn das Flugzeug kam aus den USA, waren zahlreiche Inder an Bord.

Einige sprachen mich direkt an und fragten, wohin ich will und ob ich tatsächlich alleine reise. Hier ist übrigens eine gesunde Vorsicht geboten, wenn man als Frau alleine in vielleicht nicht ganz ungefährliche Länder reist. So belanglos die Fragen sind, aber ich wurde auch vor Ort in Indien von Männern mit sehr vielen Fragen konfrontiert, die das gleiche fragten und dann auch sehr konkret wurden, ob ich denn keinen Freund hätte etc. In kritischen Ländern ist es ratsam, nie zu erzählen, dass du alleine reist, und verrate auch nie deinen Aufenthaltsort. Eine Regel, die ich auf meinen Reisen lernte und mich mit Sicherheit auch vor der einen oder anderen brenzligen Situation bewahrte. Ich gebe beispielsweise an, dass ich verlobt oder verheiratet sei, mein Mann gerade beruflich hier zu tun hat, im Moment im Hotelzimmer ist oder auf einem Meeting usw. In meinem Blogpost „Die ultimative Reisecheckliste“ gebe ich auch an, dass eine Person meines Vertrauens immer Kopien meiner wichtigsten Dokumente besitzt und stets darüber informiert ist, wo ich mich befinde.

Nach neun Stunden Flug landete ich um 23 Uhr in Mumbai. Angekommen ging es durch die strengen Sicherheitskontrollen. „Was machst du hier?“, „Was ist dein Reiseziel?“, „Es ist doch ungewöhnlich, dass eine 21-Jährige Frau alleine durch Indien reist“. Die Sicherheitsbeamten trauten den Braten nicht und filzten meinen Koffer. Ich kam mir fast ein wenig vor wie ein Terrorist. Koffer war in Ordnung, dann wurde ich selbst noch abgescannt. Ein Beamter rief seine Kollegin herbei, die mich in einen separaten Raum führte. Sie bat mich, mich auszuziehen bis auf die Unterwäsche und durchforstete meine Klamotten. Schrecklich!!! Warum dieses Misstrauen. Jedoch wusste ich, dass ich „sauber“ bin. Und so war es dann auch. Ich durfte gehen. Doch dann kam der nächste Schrecken!

„OH GOTT“ stellte ich mit Erschrockenheit fest. Der Weiterflug nach Bangalore sollte erst um 6:30 Uhr morgens sein!!! Habe ich da etwas vercheckt? Habe ich eventuell die Zeitverschiebung nicht bedacht? Oh nein!!! Was mache ich jetzt nur, was habe ich nur gedacht. Ich hatte kaum Geld, denn von den 3.000 Euro war das meiste schon bezahlt. Damals gab es keine Smartphones, geschweige eine große Auswahl an Internet-Spots. Natürlich hatte ich auch keinen Reiseführer bei mir, denn Mumbai stand als Reiseziel nicht auf meiner Agenda, sondern sollte lediglich ein kurzer Zwischenstopp sein.

Völlig planlos ging ich samt Gepäck nachts aus dem Flughafen, um mir einen Überblick zu verschaffen. Prompt entrissen mir in dem Moment zwei Männer den Koffer und sagten, ich solle Ihnen folgen, sie könnten mir weiterhelfen. Wie sollten sie mir weiterhelfen, wenn sie noch nicht mal wissen, was ich brauche oder wohin ich will? Mir war sehr mulmig und die starrenden Blicke machten mich nervös. In dem Moment riss ich den Koffer an mich und rannte zurück in den Flughafen.

Eins stand fest, Knete für ein Hotel hatte ich nicht, also machte ich es wie viele andere auch – ich übernachtete am Flughafen. Hier war ich zumindest sicher. Es gibt sogar einige Schlafsessel, die aber leider schon alle belegt waren. Der Fußboden tat es auch. Ich legte mich hin und versuchte ein wenig die Augen zu zumachen.

Doch starrende Blicke um mich herum lösten ein Unbehagen in mir aus. Ich hatte doch ein wenig Bedenken überfallen zu werden. Direkt neben mir lag ein Amerikaner. Er kam aus Texas. Leider weiß ich seinen Namen nicht mehr. Er lächelte mich an und registrierte die Blicke um mich herum. Dann sprach er mich an: „Ich passe auf dich auf. Falls du doch mal die öffentlichen Räumlichkeiten aufsuchen willst, passe ich auf deinen Koffer auf. Ansonsten versuche ein wenig zu schlafen.“ Und das tat er tatsächlich. Ich war so unendlich dankbar und froh über seine Hilfe und Freundlichkeit. Ich war in dem Moment viel entspannter. Richtig schlafen konnte ich zwar trotzdem nicht, aber zumindest bis zum Morgen ein wenig ruhen.

Gastfreundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt sind einige der kostbaren Attribute, die ich stets auf meinen Reisen erfahren habe. Die Warmherzigkeit und Offenheit hat mich teilweise überwältigt, gerade in den ärmeren Ländern, wo die Leute doch im Prinzip nichts haben. Jedoch ist der familiäre Zusammenhalt viel größer. Die Prioritäten liegen dort anders als bei uns.

 

Hast du eventuell auch schon aufregende Abenteuer auf Flughäfen erlebt? Gab es Momente auf deinen Reisen, in denen dir mulmig war oder du sogar Angst hattest?

4 Gedanken zu „Wie Indien mein Leben veränderte – Teil 1

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